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31.07.2025

‚Daniel Düsentrieb‘ der Automatisierungstechnik

Porträt: Hans Beckhoff wurde mit Europas ältestem Innovationspreis ausgezeichnet.

Erschienen in VDI Nachrichten 15/2025, 25. Juli 2025, VDI Verlag, Deutschland
Autor: Martin Ciupek, Chefredakteur der deutschen Fachzeitung VDI Nachrichten, VDI Verlag

Seit diesem Monat gehört Hans Beckhoff, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Anbieters von Automatisierungstechnik aus Verl, offiziell zu den wichtigsten Innovatoren in Deutschland. Das Deutsche Institut für Erfindungswesen zeichnete ihn am 10. Juli 2025 u. a. neben DFKI-Professor Wolfgang Wahlster mit der Rudolf-Diesel-Medaille aus. In der Historie von Europas ältestem Innovationspreis finden sich Namen wie Carl Friedrich Benz, Wernher von Braun, Hans Viessmann und Artur Fischer.

Als Kind hat Hans Beckhoff gerne Comics über Daniel Düsentrieb und später Science-Fiction-Geschichten gelesen. Große technische Visionen haben ihn früh geprägt und fasziniert. Als Sechsjähriger half er im Elektroinstallationsunternehmen seines Vaters aus, der ihn an Feiertagen auf Baustellen mitnahm. „Damals habe ich den Kurbelinduktor gedreht, einen Generator, der Prüfspannungen für Erdschlüsse erzeugte“, erinnert er sich.

Als Teenager beschäftigte er sich mit Radio- und Fernsehtechnik und wurde „Elektronik-Bastler“. Nach seinem Abitur 1972 studierte er Physik und erwarb 1980 sein Diplom. Nach dem Tod seines Vaters 1981 übernahmen er und seine drei Geschwister den Familienbetrieb.

Die Medaille für die Kategorie „Erfolgreichste Innovationsleistung“ erhielt Hans Beckhoff (Mitte) von Alexander J. Wurzer (li.), Sprecher des Rudolf-Diesel-Kuratoriums, und Laudator Gunther Herr vom WOIS Institut und der Steinbeis University in Berlin.
Die Medaille für die Kategorie „Erfolgreichste Innovationsleistung“ erhielt Hans Beckhoff (Mitte) von Alexander J. Wurzer (li.), Sprecher des Rudolf-Diesel-Kuratoriums, und Laudator Gunther Herr vom WOIS Institut und der Steinbeis University in Berlin.

Hans Beckhoff gründete seinen eigenen Geschäftszweig mit dem Namen Beckhoff Industrie-Elektronik. In der Garage seiner Eltern baute er mit einer Handvoll Mitarbeitern erste Steuerungen für lokale Maschinenbauer auf einem alten Küchentisch. Heute, 45 Jahre später, firmiert sein Unternehmen als Beckhoff Automation GmbH & Co. KG und beschäftigt über 5.000 Menschen weltweit. Damit ist Beckhoff Automation der größte Teil der Beckhoff Familiengruppe. Die Firmen für Elektroinstallation sowie Technik und Design werden von seinen Geschwistern geführt.

Der junge Physiker hat frühzeitig das Prinzip handelsüblicher PCs (Personal Computer) in der verbesserten Ausführung als Industrie-PC (IPC) für die Automatisierungstechnik genutzt. „Schon 1986 haben wir das erste System geliefert. Damals war das Betriebssystem noch MS-DOS“, berichtet Hans Beckhoff. Das Prinzip bestand darin, hardwarebasierte Automatisierung durch softwarebasierte Automatisierung zu ersetzen. „Wir haben den PC also steuerungstauglich gemacht – damals noch ohne direkten Kontakt zum Microsoft-Management“, so Hans Beckhoff weiter. Damit konnte Beckhoff Automation IT und OT-Funktionalität direkt an der Maschine anbieten, eine echte Revolution für die damalige Zeit. Heute gilt die Beckhoff PC-Control-Architektur als äußerst leistungsfähige Basis für komplexe Automatisierung.

Wenn es um die größten Innovationen seines Unternehmens geht, muss der umtriebige Geschäftsführer nicht lange überlegen: „Sicher am weitesten in der Welt verbreitet ist unser EtherCAT.“ Diese Ethernet-Feldbus-Technologie habe sich damit zu einem De-facto-Standard für schnelle Steuerungstechnik entwickelt, mit weltweit über 8.000 Mitgliedern in der Entwicklungsgemeinschaft (EtherCAT Technology Group). „Nahezu überall, wo nicht Großkonzerne wie Siemens und Rockwell dominieren, finden sich EtherCAT-Applikationen“, freut er sich. Für den Physiker ist es dabei auch eine besondere Leistung, dass von der ersten EtherCAT-Version 2003 bis heute keine Versionswechsel nötig waren. Bei vielen anderen Protokollen sei das anders. „Weil wir schon viel Erfahrung hatten, konnten wir direkt die richtige und auch langfristig führende Technologie entwickeln. Das überzeugt Ingenieure weltweit“, so Beckhoff. Von den jüngeren Innovationen seines Unternehmens unterstreicht Hans Beckhoff die schaltschranklose Automatisierung: „Unser MX-System ist die Weiterentwicklung der Busklemme. Wir packen damit nicht nur Schwachstromsignale, sondern auch Leistungsein-/ausgänge in ein steckbares System.“

Für typische Freizeitaktivitäten fehlt dem Familienmenschen – abgesehen vom leidenschaftlichen Lesen naturwissenschaftlicher Fachbücher – bis heute die Zeit. Der Vater zweier Kinder bezeichnet es als „großes Glück“, dass seine Tochter Frederike und sein Sohn Johannes das Unternehmen übernehmen wollen. Seine Vorbildrolle spielt er dabei aber eher herunter. Stattdessen würdigt er die Rolle seiner Ehefrau. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie habe den Großteil der Erziehungsarbeit geleistet.