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10.03.2025

Mit jahrzehntelanger Erfahrung zur neuen Generation SPS-Technologie

Interview mit Dr. Josef Papenfort und Béla Höfig zum Performancesprung durch TwinCAT PLC++

Basierend auf weit über 40 Jahren Erfahrung mit modernster Automatisierungstechnik und fast 30 Jahren mit der Software TwinCAT hat Beckhoff mit TwinCAT PLC++ eine neue Generation SPS-Technologie entwickelt. Welchen Performancesprung dies sowohl beim Engineering als auch bei der Runtime ermöglicht, erläutern die TwinCAT-Produktmanager Dr. Josef Papenfort und Béla Höfig im Interview.

Dr. Josef Papenfort, Produktmanager TwinCAT, Beckhoff Automation: „Die Performance von TwinCAT PLC++ in Runtime und Engineering sowie ein einfacher Umstieg bei Erhalt der vorhandenen TwinCAT-Funktionalität ergeben einen deutlichen Mehrwert – das „Plus Plus“ – für den Anwender.“
Dr. Josef Papenfort, Produktmanager TwinCAT, Beckhoff Automation: „Die Performance von TwinCAT PLC++ in Runtime und Engineering sowie ein einfacher Umstieg bei Erhalt der vorhandenen TwinCAT-Funktionalität ergeben einen deutlichen Mehrwert – das „Plus Plus“ – für den Anwender.“

Eine neue Generation SPS-Technologie – was bedeutet das für den bisher schon mit TwinCAT arbeitenden Automatisierer?

Dr. Josef Papenfort: TwinCAT PLC++ basiert auf der bekannten TwinCAT-Architektur und ist voll im bewährten TwinCAT-Ökosystem integriert. Die komplette Kompatibilität zu den existierenden TwinCAT Functions ist gegeben und zudem lässt sich die neue PLC-Generation bei Bedarf parallel zum existierenden TwinCAT PLC verwenden. Auch die bereits verfügbaren SPS-Bibliotheken können in vollem Umfang genutzt werden. Dadurch ist zum einen ein schrittweiser Umstieg mit einem Parallelbetrieb von TwinCAT PLC und TwinCAT PLC++ möglich. Zum anderen ermöglicht ein integrierter Konverter die effiziente Übernahme von existierendem Programmcode, sodass bereits vorhandenes Know-how einfach in TwinCAT PLC++ verfügbar ist. So sind beispielsweise existierende TwinCAT-Scope- und TwinCAT-HMI-Applikationen unverändert weiterverwendbar. Ein Wechsel ist daher mit nur wenig Aufwand verbunden.

Was ändert sich mit TwinCAT PLC++ technologisch?

Béla Höfig: TwinCAT PLC++ ist eine komplette Neuentwicklung von Beckhoff, die aber natürlich auch auf den in der IEC 61131-3 beschriebenen Sprachen basiert. Aufgrund der modernen Compiler-Technologie und der u. a. dabei eingesetzten neuen Architektur kann ein deutlicher Sprung in der Engineering- und Runtime-Performance erreicht werden. Damit setzt Beckhoff den von Beginn an eingeschlagenen Weg der Zusammenführung von Automatisierung und IT konsequent fort: Bekanntes und Bewährtes bleibt, wesentliche Bestandteile der Entwicklungsumgebung wie z. B. Editoren und Compiler wurden nach Vorbild aus der IT jedoch neu entwickelt. Besonderer Wert wurde auf die Möglichkeit gelegt, DevOps-Prinzipien zur Umsetzung u. a. von Continuous Integration und Continuous Deployment zu nutzen. Zudem lag der Fokus insbesondere auf den konkreten Bedürfnissen der Anwender. Ergebnis ist demgemäß eine nicht nur technisch äußerst fortschrittliche, sondern auch optimal auf die Praxisanforderungen abgestimmte SPS.

Welcher Performancegewinn lässt sich dadurch hinsichtlich der Runtime erreichen?

Dr. Josef Papenfort: In der Runtime lässt sich der gleiche Steuerungscode im Vergleich zur bisherigen TwinCAT PLC um bis zu Faktor 1,5 schneller ausführen. Und als besonderes Highlight ermöglicht es der neue Compiler von TwinCAT PLC++, den Steuerungscode im Hinblick auf die Ausführungszeit zusätzlich zu optimieren und somit insgesamt einen Performancegewinn von bis zu Faktor 3 zu erreichen.

Welche konkreten Vorteile ergeben sich daraus für den Maschinenbauer und -anwender?

Béla Höfig: Diese deutlich schnellere Ausführung des Steuerungscodes generiert je nach den Maschinenanforderungen unterschiedliche Vorteile. So kann für die bisherige Maschinensteuerung gegebenenfalls ein Industrie-PC mit weniger Rechenleistung ausreichen, was die Hardwarekosten reduziert. Bleibt die Hardwareplattform unverändert, können die frei werdenden Rechnerressourcen zur Implementierung von mehr Steuerungsfunktionalität genutzt werden oder durch minimierte Zykluszeiten die Produktivität der Maschine erhöhen.

Béla Höfig, Produktmanager TwinCAT, Beckhoff Automation: „TwinCAT PLC++ ist eine komplette Neuentwicklung von Beckhoff, die aber natürlich auch auf den in der IEC 61131-3 beschriebenen Sprachen basiert.”
Béla Höfig, Produktmanager TwinCAT, Beckhoff Automation: „TwinCAT PLC++ ist eine komplette Neuentwicklung von Beckhoff, die aber natürlich auch auf den in der IEC 61131-3 beschriebenen Sprachen basiert.”

Inwieweit profitiert das Steuerungsengineering von TwinCAT PLC++?

Dr. Josef Papenfort: Aus Sicht des Engineerings erzielt TwinCAT PLC++ verkürzte Durchlaufzeiten von der Steuerungsentwicklung über die Inbetriebnahme bis hin zum gesamten Maschinenlebenszyklus. Dies wird durch die Reduzierung der Bedienzeiten mithilfe von geringeren Projektladezeiten und einem verbesserten Übersetzungsvorgang erreicht. Die minimierten Projektlaufzeiten senken deutlich die Kosten und ermöglichen zudem eine schnellere Markteinführung neuer Maschinen und Anlagen.

Béla Höfig: Weiterhin ermöglicht die neue Architektur von TwinCAT PLC++ eine tiefere Integration der TwinCAT Functions. So können beispielsweise TwinCAT HMI und TwinCAT Target Browser direkt auf die SPS-Variablen zugreifen, ohne dass der Programmcode zuvor kompiliert und lauffähig sein muss. Und es lässt sich ein Programmierassistent auf Basis von TwinCAT Chat integrieren, der sowohl bei der Erzeugung von textuellen wie auch grafischen Codes unterstützen kann. Hinzu kommen erweiterbare Code-Snippets, smarte Shortcut-Funktionalitäten zur geführten Codeerstellung und ein Online-Offline-Code-Vergleich. Auf diese Weise kann das umfangreiche Potenzial der TwinCAT-Welt vollständig ausgeschöpft und der gesamte Engineeringprozess effizienter gestaltet werden.

Dr. Josef Papenfort: Außerdem wird der Programmcode auf Dateiebene erstmals in Klartext abgespeichert. Dies vereinfacht besonders die Verwendung von Quellcodeverwaltungssystemen wie z. B. Git, da der Abgleich von verschiedenen Code-Versionen besonders einfach und intuitiv möglich ist. Zusätzlich ist der neue Compiler als eigenständige Komponente verfügbar und kann automatisiert über eine Kommandozeilenschnittstelle aufgerufen werden. Hierdurch lassen sich automatisierte Abläufe für das Erstellen und Testen von Programmcode in Unit Tests zeitlich stark optimieren, weil keine vollständige Instanz des Engineerings mehr benötigt wird.

Inwiefern zeichnet sich TwinCAT PLC++ mit Blick auf Norm-Konformität und Code-Qualität aus?

Béla Höfig: Als Mitglied der deutschen IEC-Gruppe hat Beckhoff direkten Einfluss auf die neuesten Entwicklungen und Best Practices der Normung. TwinCAT PLC++ ist nahezu vollständig konform zur IEC 61131-3 in der vierten Auflage und entspricht damit höchsten internationalen Standards. Die entsprechende Portabilität erleichtert den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Automatisierungssystemen. Zusätzlich ist die Verwendung normgerechter Objektorientierung u. a. mit Klassen und Zugriffsmodifizieren für Variablen möglich. Diese Konformität zur IEC-Norm bietet zusätzliche Sicherheitsaspekte beim Programmieren, die durch erweiterte Typprüfungen im Compiler ergänzt werden. Zudem bietet TwinCAT PLC++ einen sicheren Online-Change, bei dem Pointer und Referenzen automatisch angepasst werden. Das verhindert die Implementierung von potenziell fehleranfälligem Code und führt zu einer höheren Zuverlässigkeit und Sicherheit der Anwendung, also insgesamt zu höherer Code-Qualität.

Vorgestellt wurde TwinCAT PLC++ auf der Fachmesse SPS 2024 in Nürnberg. Wie war das Feedback darauf und wie sieht die weitere Roadmap aus?

Dr. Josef Papenfort: Die ersten Reaktionen bzw. Einschätzungen sowohl von Kunden als auch von Marktbegleitern waren äußerst positiv. Nun arbeiten wir intensiv an weiteren Funktionen und Optimierungen, sodass es schon zur Hannover Messe 2025 zahlreiche neue Features geben wird. Das Software-Release ist für Ende 2025 geplant.

Anwender-Statement

Jakob Sagatowski, CEO & Software-Influencer, Sagatowski GmbH
Jakob Sagatowski, CEO & Software-Influencer, Sagatowski GmbH

„TwinCAT PLC++ macht es einfacher, bewährte Verfahren aus der IT-Welt in den Bereich der industriellen Automatisierung zu übertragen. Es ist ein wichtiger technologischer Sprung nach vorne, der es ermöglicht, qualitativ hochwertige Software schneller zu entwickeln.“