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01.09.2025

Pyrotechnik-Effekte musiksynchron steuern

EtherCAT und PC-based Control auf Konzerttourneen mit der Fire Snake

Image Engineering aus Curtisbay, Maryland, inszeniert spektakuläre pyrotechnische Effekte für Top-Bands. Musik, Licht, Laser und Feuer gehen eine Verbindung ein, um das Publikum intensiv in das Konzerterlebnis eintauchen zu lassen. Um diese Spezialeffekte in Echtzeit synchronisieren und jederzeit auf Tastendruck beenden zu können, setzt das Unternehmen auf die integrierte Steuerungs- und Sicherheitstechnik von Beckhoff.

Image Engineering spielt eine Hauptrolle hinter den Kulissen einiger der ausgefallensten Konzertproduktionen der letzten Jahre. Zu den bemerkenswertesten gehören die Rockkonzerttournee „Take Back Your Life“ von Disturbed im Jahr 2023 und die Wintertournee „The Lost Christmas Eve“ des Trans-Siberian Orchestra im Jahr 2024. Das Unternehmen setzt nach eigenen Aussagen neue Maßstäbe bei Spezialeffekten durch die Nutzung leistungsfähiger Automatisierungs- und Steuerungstechnik. „Die Eigentümer von Image Engineering sind allesamt Ingenieure, und daher stand bei uns von Anfang an die Technik im Mittelpunkt“, so Ian Bottiglieri, Vice President of Operations. „Das unterscheidet uns von Mitbewerbern im Bereich Live-Events.“

Die propangasbetriebenen Brenner erzeugen kontinuierliche Flammen in stufenlos regelbarer Höhe von bis zu 1,80 m sowie mit Berstventilen rollende Feuerbälle.
Die propangasbetriebenen Brenner erzeugen kontinuierliche Flammen in stufenlos regelbarer Höhe von bis zu 1,80 m sowie mit Berstventilen rollende Feuerbälle.

Das Konzept der Fire Snake entstand aus der Nachfrage der Top-Band Disturbed nach noch nie dagewesenen pyrotechnischen Effekten. Abgesehen von der üblichen Beleuchtung sollten ausschließlich Flammensysteme auf der Bühne verwendet werden. „Ich weiß noch, wie ich im Konferenzraum saß und die Band fragte: ‚Wo soll die Videoleinwand stehen?‘“, erinnert sich Nick Hock, Director of R&D and Installation/Integrations bei Image Engineering. „Und die Antwort lautete: ‚Es gibt keine Videoleinwand. Das Feuer soll das einzige visuelle Element der Show sein.'“

Als Image Engineering mit dem Produktionsteam von Disturbed das visuelle Tour-Erlebnis erarbeitete, mussten die Spezialisten gleichzeitig sicherstellen, dass die Fire Snake in zahlreichen Umgebungen sowie bei unterschiedlichen Temperaturen und Ausrichtungen sicher und zuverlässig funktioniert – das alles realisiert innerhalb von weniger als vier Monaten.

Feuerprobe für Ingenieure

So steckte Image Engineering einen enormen Forschungs- und Entwicklungsaufwand in jeden Aspekt der Fire Snake. Dazu gehörte z. B. die Frage, wie man die richtige Menge Propan mit bis zu 22 psi Druck sicher einspeisen und eine gleichmäßige Zündflamme aufrechterhalten kann, egal wie die Fire Snake ausgerichtet ist. Das Konzept der Fire Snake erforderte den Ersatz traditioneller Brennerleisten durch fortschrittliche, reaktionsschnelle Brenner für dynamischere Feuereffekte. Das entstandene lineare Brennersystem ermöglicht die Erzeugung einer 3,35 m breiten Feuerwand mit Proportionalregelung der Flammen in variabler Form und Höhe von 1,20 bis 1,80 m. Darüber hinaus können zwei große Berstventile rollende Feuerbälle erzeugen.

Die Fire Snake sollte kompakt und modular sein, damit sie leicht zu transportieren, schnell aufzubauen und in bestehende Bühnenstrukturen zu integrieren ist. Die Automatisierungs- und Sicherheitstechnik musste komplexe Feuereffekte steuern und dabei hohe Sicherheitsauflagen der örtlichen Behörden einhalten. Nach mehreren Treffen mit den Entertainment-Experten von Beckhoff beschloss Image Engineering, hierfür mit dem Automatisierungsspezialisten zusammenzuarbeiten: Die moderne PC-basierte Steuerungstechnik mit der integrierten Sicherheitstechnologie TwinSAFE auf Basis des Industrial-Ethernet-Systems EtherCAT sollte genutzt werden, weil diese mehr Flexibilität bietet als konventionelle Steuerungstechnik.

In den transportablen Steuerungskästen der Fire Snake sind die Embedded-PCs CX5140 und CX8190 mit direkt angereihten EtherCAT-Klemmen platzsparend installiert (hier im Bild CX5140).
In den transportablen Steuerungskästen der Fire Snake sind die Embedded-PCs CX5140 und CX8190 mit direkt angereihten EtherCAT-Klemmen platzsparend installiert (hier im Bild CX5140).

Die Fire Snake erwacht zum Leben

Auf der Disturbed-Tournee musste sich die Feuerschlange aktiv bewegen und ihre Form passend zur Setlist ändern. Wenn die Band anfing zu spielen, erwachte das Fire Snake Rig langsam zum Leben und ging später in eine dynamischere Bewegung über. Dafür sind fünf segmentierte Einheiten der Fire Snake an eine Traversenstruktur mit fünf Winden geschraubt, um den Winkel jeder Einheit verändern zu können. Wenig mehr als ein Zentimeter Abstand zwischen den Einheiten gibt Bewegungsfreiheit und sorgt dennoch für ein kontinuierliches, ununterbrochenes Aussehen der linearen Feuereffekte.

Das Touring Accumulator System (TAS) von Image Engineering wandelt Propan von Flüssigkeit in Dampf um und leitet es an die Effektköpfe weiter. Wenn die Einheiten um 45° oder 50° verstellt werden, verhalten sich Brennstoff und Flamme anders, und das Steuerungssystem muss dabei die Effekte und die Sicherheit aufrechterhalten. „Das Beckhoff System bietet nicht nur die Flexibilität, die in der Norm NFPA 160 festgelegten Rahmenrichtlinien für Flammeneffektsysteme zu erfüllen, sondern zudem lokale rechtliche Auflagen in den USA oft noch zu übertreffen“, sagt Nick Hock.

Der störungsfreie Betrieb der Fire Snake wird durch zahlreiche Sicherheitsmechanismen sichergestellt, die über TwinSAFE-Klemmen in die Steuerungsplattform integriert werden. Ein Not-Halt hält die gesamte Anlage an, und der Bediener erkennt alle sicherheitsrelevanten Statusinformationen mit einem Blick auf die Steuerkonsole. „Es war für örtliche Brandschützer sehr beruhigend, bei einer Vorführung zu erleben, wie die gesamte Fire Snake auf Knopfdruck zu einem kontrollierten Stopp heruntergefahren wird“, so Nick Hock.

Die transportablen Steuerungskästen in Kofferform enthalten die Embedded-PCs CX5140 und CX8190 mit direkt angereihten EtherCAT-Klemmen als Primär- bzw. Backup-Steuerung. EtherCAT und Safety over EtherCAT (FSoE) ermöglichen eine durchgängige Echtzeitkommunikation und -synchronisation für das gesamte System mit allen Sicherheitsgeräten und Systemen für die Beleuchtung und andere Bühneneffekte. „Die Echtzeit-Performance ist für uns entscheidend, denn wir müssen perfekt mit der Musik und der Beleuchtung der Band Schritt halten“, so Nick Hock. „Selbst eine Verzögung von Millisekunden würde das Publikum sofort bemerken. Eine bewährte Technologie wie EtherCAT stellt sicher, dass die Fire Snake perfekt im Takt bleibt.“

Die Fire Snake nutzt – unterstützt durch die Software TwinCAT – verschiedene EtherCAT-Klemmen für die flexible Anbindung von Geräten aus anderen Netzwerken wie DMX und OSC. So verwendet Image Engineering beispielsweise das einkanalige DMX-Interface EL6851, um die Flammeneffekte der Fire Snake anzusteuern.

Die Teams von Beckhoff und Image Engineering (v.l.n.r.): Jay McNeil, Regional Sales Engineer (Beckhoff USA); Ian Bottiglieri, Vice President of Operations; Claire Bowman, Associate Director of Engineering; Nick Hock, Director of R&D and Installation/Integrations (alle Image Engineering); Arthur Peterson, Application Engineer, und Jason Toon, Entertainment Industry Specialist (beide Beckhoff USA)
Die Teams von Beckhoff und Image Engineering (v.l.n.r.): Jay McNeil, Regional Sales Engineer (Beckhoff USA); Ian Bottiglieri, Vice President of Operations; Claire Bowman, Associate Director of Engineering; Nick Hock, Director of R&D and Installation/Integrations (alle Image Engineering); Arthur Peterson, Application Engineer, und Jason Toon, Entertainment Industry Specialist (beide Beckhoff USA)

Nach der Show ist vor der Show

Das System erfüllte alle Anforderungen für einen schnellen Auf- und Abbau bei mehreren Tourneen von Disturbed und des Trans-Siberian Orchestra. So konnte Image Engineering mehrere Fire Snakes zu den 56 Konzerten des Trans-Siberian Orchestra in nur 40 Tagen an der Ost- und Westküste der USA bringen – und das gleichzeitig.

Die Fähigkeit der Beckhoff Plattform, äußerst hohen Umgebungstemperaturen standzuhalten, war ein weiterer Vorteil, besonders bei Sommer-Konzerten. „Die Hitzebeständigkeit der Embedded-PCs ist beeindruckend“, so Claire Bowman, Associate Director of Engineering bei Image Engineering. „Wir haben schon andere Embedded-Systeme eingesetzt, die in Las Vegas bei Temperaturen von fast 49° C Leistungsprobleme hatten. Das Beckhoff System funktioniert jedoch immer einwandfrei.“

Daneben war eine unzuverlässige Stromversorgung in manchen Städten ein Problem für Image Engineering. „Wir hatten an einigen Stationen der Tournee ernsthafte Probleme mit der Stromqualität“, so Claire Bowman. „Dies führte zu erheblichen Leistungsproblemen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Aber mit der Hilfe des Beckhoff Teams beim Troubleshooting sowie der Stromversorgung PS2001 mit integrierter EtherCAT-Schnittstelle konnten wir das Problem lösen und eine zuverlässige Stromversorgung sicherstellen, unabhängig von der Qualität der Einspeisung. Wir haben auch eine große kapazitive USV CU8110 für eine einwandfreie Stromverteilung installiert.“

„Mit EtherCAT haben wir hervorragende Möglichkeiten zur Fehlerdiagnose“, sagt Nick Hock. „Wir können einfach auf das HMI der Fire Snake schauen und sehen, welche Knoten richtig angeschlossen sind und welche nicht. EtherCAT lokalisiert präzise die genaue Quelle jedes Problems im System. Früher dauerte die Problemlösung oft Stunden, mit EtherCAT und TwinCAT dauert sie jetzt nur noch Minuten.“

Die benutzerfreundliche Programmierumgebung von TwinCAT 3 integriert in Microsoft Visual Studio reduzierte die Softwareentwicklungszeit erheblich. „Wir können robuste Systeme implementieren, die relativ einfach zu programmieren sind – vor allem, weil wir für Grundfunktionen keine eigenen Bausteine erstellen müssen“, sagt Claire Bowman. „Diese Bausteine sind in den Softwarebibliotheken von TwinCAT bereits enthalten.“

Zudem hat die PC-basierte Steuerungshardware im Vergleich zu der Zeit, als das Unternehmen noch eigene Embedded-Boards entwickelte, die Hardwareentwicklungszeit drastisch reduziert. „90 % der Produkte funktionierten sofort ohne lange Nacharbeit“, so Ian Bottiglieri. „Davon abgesehen haben einfache Programmierung und Einrichtung die Entwicklungs- und Inbetriebnahmezeit um fast 50 % reduziert.“

Zugabe für die Feuerschlange

Nach ihrem Debüt wurde die Fire Snake von Publikum, Künstlern und Branchenexperten durchweg gelobt. „Die Bandmitglieder von Disturbed liebten sie, und auch das Publikum reagierte sehr positiv“, erzählt Nick Hock. Die Anerkennung gipfelte 2024 in der Verleihung des Parnelli Award for Pyrotechnics Special Effects Company of the Year an Image SFX, das Schwesterunternehmen von Image Engineering. Der Parnelli Award ist die bedeutendste Auszeichnung, die Live-Event-Unternehmen in ihrer Branche gewinnen können.

Die Zusammenarbeit mit Beckhoff ermöglichte es Image Engineering, die Grenzen dessen, was in der Pyrotechnik möglich ist, zu erweitern. Die Fire Snake kann nun als Standardlösung eingesetzt oder individuell an die jeweilige Produktion angepasst werden. Sie lässt sich zudem problemlos in andere Bühnensteuerungssysteme integrieren, die in der Unterhaltungsindustrie eingesetzt werden.